14.3 die Jahre von 2006 bis 2010
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Zur Geschichte der "Hauptwerkstatt Berlin 1" am Markgrafendamm kann man aus diversen Quellen u.a. folgendes zusammentragen:
Entstehungsgeschichte der Hauptwerkstatt
Mit Eröffnung der Strecke Berlin – Frankfurt a. Oder am 23. Oktober 1842 entstanden am Bahnhof in Berlin erste Werkstätten für die Unterhaltung der Lokomotiven und Wagen in der Nähe der Fruchtstraße. 1858 Neubau einer Wagen-Reparatur-Werkstatt sowie zur Erweiterung der Lokomotiv-Reparatur-Werkstatt an der Fruchtstraße. Doch alle Erweiterungen erwiesen sich Anfang der 1860-er Jahre als zu geringfügig, so daß man 1864 die Güteranlagen auf neuem Gelände im Osten ausbaute. Dabei zog die Wagenwerkstatt in den Bau der bisherigen Lokomotiv-Reparatur-Werkstatt ein, für die Lokomotiven entstand ein neuer Bau östlich angrenzend.
Als mit dem Umbau des Bahnhofs der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn in Berlin der Bau einer neuen „Lokal-Werkstatt“ notwendig wurde, entstand 1871 ein Entwurf, der weit über die anfänglichen Bedürfnisse hinaus ging. Während der Erarbeitung der Pläne für die Werkstatt „drängte sich die Frage auf, ob es nicht zweckmäßig sein dürfte, hierbei eine spätere Verlegung der jetzt in Frankfurt a. O. befindlichen Central-Werkstatt nach Berlin in’s Auge zu fassen ...“. Dementsprechend entschied man sich, zwar die Planung für eine neue „Central-Werkstatt“ durchzuführen, doch vorerst nur den Wagen-Revisionsschuppen zu bauen. Als Gelände stand ein Areal bei Stralau zur Verfügung, das nördlich durch die Bahn, östlich durch den Markgrafendamm begrenzt wurde. Die hierfür vorgesehene Bebauung hätte für die Ausbesserung von 52 Lokomotiven und 284 Reisezug- und Güterwagen ausgereicht. Den vorerst zur Ausführung gelangten Wagen-Revisionsschuppen paßte man den Bedürfnissen einer „Local-Werkstatt“ an, so daß in ihm 14 Lokstände, die Schmiede sowie Büroräume mit untergebracht werden mußten. Der bis 1871 in Ziegelmauerwerk ausgeführte Schuppen wurde mit 110 m Länge und 90 m Breite für damalige Verhältnisse recht großzügig ausgelegt und enthielt zwei Schiebebühnen, wobei im dritten Hallenschiff eine unversenkte Bühne für die Wagen sowie im siebten Schiff eine versenkte Bühne für die Lokomotiven eingebaut wurde.
Die Entscheidung, ein großzügiges Gelände auszuwählen, erwies sich als umsichtig. In den folgenden Jahren wurde die Hauptwerkstatt am Markgrafendamm erweitert, auch wenn die vollständige Übernahme der Aufgaben der Hauptwerkstätte in Frankfurt nicht erfolgte. Ein Situationsplan der Bahnanlagen am Bahnhof Stralau-Rummelsburg von 1894 weist neben dem Wagenschuppen einen Lackier-Schuppen sowie einen Hartholz-Trockenschuppen aus. Am Markgrafendamm standen drei um einen kleine Vorplatz gruppierte Beamtenwohnhäuser, zu denen jeweils ein Stallgebäude gehörte. Westlich grenzte ein Gartengelände an, das den Wohn- vom Werkstattbereich trennte.
Im Jahre 1895 errichtete die Bauabteilung der K.E.D. Berlin ein Beamtenwohnhaus sowie eine Kantine an der Hohenlohestraße. Um 1912 entstanden zwischen den Gleisanlagen und der Zufahrt von der Hohenlohestraße weiterhin ein Spritzenhaus, ein Magazin für Ersatzteile und ein Lagerhaus, das später für die Lagerung von Benzol-Benzin verwendet wurde, wie es die Aufschrift an der gelben Klinkerwand noch heute erkennen läßt. Im Jahr 1920 entstand noch eine weitere Lagerhalle.
Schließung in der Reichsbahnzeit
Die ersten Jahre unter der Verwaltung der Reichsbahn änderten für das Werk am Markgrafendamm noch nichts. Im Zuge der Neuorganisation des Werkstättenwesens der DRG und der einsetzenden Rationalisierung der Fahrzeugausbesserung wurde Mitte September 1924 die einstige Hauptwerkstatt der Schlesischen Bahn zur Werksabteilung des EAW Berlin umgewandelt. Vorerst beließ man hier noch eine Lokomotiv- sowie eine Güterwagenabteilung, doch schon im März 1925 wurden beide Abteilungen geschlossen. Verkehrsrückgang und Rationalisierung der Arbeitsprozesse trugen damals ihren Teil zu einem Rückgang der Beschäftigung bei. Einem Teil der Belegschaft bot man Arbeitsplätze im neuen EAW in Schöneweide an.
Schaltwerk, Fahrleitungsmeisterei und Elektrobetriebswerk entstehen
Mit der Schließung des Eisenbahn-Ausbesserungswerkes wurde für die RBD Berlin damit ein Gelände frei, das sie dringend für andere Aufgaben im Rahmen der Elektrifizierung der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen benötigte. Nachdem der Plan zum Bau eines Kraftwerkes auf dem Gelände fallen gelassen worden war, wurde es einer anderen Nutzung zugeführt. Im östlichsten Winkel des alten Geländes der ehemaligen Hauptwerkstatt, nahe dem ehemaligen Verwaltungsgebäudes, entstand auf einem weitgehend freien Geländestück seit Mai 1927 das Schaltwerk Markgrafendamm nach Entwürfen von Richard Brademann (1884 - 1965). Mit der offiziellen Betriebsaufnahme des elektrische S-Bahnbetrieb von Erkner nach Potsdam am 11. Juni 1928, nahm die Fahrleitungsmeisterei Markgrafendamm ihren Dienst auf. Neben dem imposanten Bau des Schaltwerkes wurden angrenzende Hallen der ehemaligen Hauptwerkstatt genutzt. Aufgabe der Fahrleitungsmeistereien war und ist die Wartung und Instandhaltung der Bahnstromversorgungs- und Fahrleitungsanlagen der elektrifizierten Strecken der Berliner S-Bahn. Neben dem Dienst an den zugeordneten Strecke, für den ein entsprechender Werkstattwagen vorhanden war, waren auch Arbeiten in der Fahrleitungsmeisterei am Markgrafendamm auszuführen. Hinzu kam ein Bereich für die Lagerung notwendiger Ersatzteile. Mitte September 1927 begannen die Ausschachtungsarbeiten für ein Elektrobetriebswerk, das auf dem östlichen Ende des Geländes des ehemaligen EAW an der Hohenlohestraße (später Modersohnstraße) angesiedelt wurde. Im Dezember 1927 war das Gebäude fertiggestellt. Für die Lagerung der Reserve-Transformatoren,- Gleichrichter und - Schnellschalter nutzte man die ehemaligen Montagehallen des EAW (Wagen-Revisionsschuppen).
Das Kraftwagenbetriebswerk kommt 1933 hinzu
In der mittleren Werkstatthalle des ehemaligen EAW richtete man zum 1. November 1933 für die zunehmende Zahl an Omnibussen und Lastkraftwagen ein Kraftwagenbetriebswerk (Kbw) ein. Im Jahr 1939 verfügte es über 180 Ständen für 161 dort beheimatete Kraftfahrzeuge. Hier wurden die Busse für den Schnellverkehr auf den Reichsautobahnen nach Stettin und München ebenso gewartet und instand gesetzt, wie Lastkraftwagen, Zugmaschinen, Cullemeyer-Straßenroller oder die vorhandenen Werkstattwagen und Pkw.
Das Kbw bestand bis zum Kriegsende, obwohl die Zahl der einsetzbaren Kraftfahrzeuge durch Requirierungen für die Wehrmacht erheblich gesunken war. Trotzdem blieb der Arbeitsaufwand beträchtlich, wie die Mitarbeiterzahlen zeigen. Immerhin waren hier in den Kriegsjahr 1941 und 1943 noch 300 bzw. 313 Personen beschäftigt, hinzu kamen im Jahr 1943 noch 46 Fremdarbeiter. Die umfangreichen Zerstörungen zwangen zur Aufgabe des Standortes am Markgrafendamm nach Kriegsende. Anfänglich bezog des Kbw Quartier am Bahnhof Sonnenallee, fand dann besser geeignete Räumlichkeiten im Raw Tempelhof, zog zwischenzeitlich im Raw Schöneweide ein, bis es seinen langjährigen Standort an der Granitzstraße in Pankow beziehen konnte. Hier sollte es bis April 1990 verbleiben können.
Weitere Nutzung nach Kriegsende
Nach dem Krieg zog in einen Teil der vom Kbw freigewordenen Hallen die Brückenbaumeisterei Ostkreuz ein, deren Bauwagen und Behelfsbrückenteile von der vorüberfahrenden S-Bahn stets gut sichtbar waren. Auf weiteren freien Geländestücken am Markgrafendamm 24 entstanden in Fertigteilbauweise mehrere achtgeschossige Bürogebäude, in denen wesentliche Abteilungen der DDR-Verkehrswesensforschung konzentriert wurden.
Im April 1982 ging man zur Errichtung einer 110-kV-Freiluftschaltanlage über. Damit sollte das Berliner S-Bahnnetz direkt aus dem Verbundnetz der DDR gespeist werde und nicht mehr aus Klingenberg.
1995 begannen die Arbeiten zum Umbau der Schaltwarte zur computergesteuerten Netzleitstelle. Im November 1998 wurde die alte Schaltwarte außer Betrieb gesetzt und im Dezember 1999 die rekonstruierte Schaltwarte in Betrieb genommen. Schmuckstück der neuen Schaltwarte ist eine Messinguhr aus der Zeit Richard Brademanns, die erst 1995/96 bei der Modernisierung unter dicken Farbschichten wieder entdeckt wurde. Seit dem Frühjahr 2000 werden sämtliche Bahnstromanlagen der S-Bahn nur noch von der Netzleitstelle Markgrafendamm aus gesteuert.
Im Jahr 2009 wurde die heutige 110-kV-Abnehmeranlage Ost in Betrieb genommen.
Quellen:
- Werkstattgebäude der Königlich Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn auf dem Bahnhof zu Berlin. ZfB. 21 (1871), Sp. 449
- Bley, Peter: 150 Jahre Eisenbahn Berlin - Frankfurt/Oder. alba, Düsseldorf, 1992, S. 93
- Bezirksamt Friedrichshain. Denkmale in Friedrichshain. 1998; s.a.: [www.luise-berlin.de]
- Die Errichtung des elektrischen Zugbetriebs auf der Berliner Stadtbahn. [monatliche Mitteilungen]. EB. 3 (1927)
- Riedel, Karl: Die Schaltwerke Markgrafendamm und Halensee der Berliner Stadtschnellbahn. EB. 6 (1930), S. 175, 223
- Binder, H. Das Überwachungswerk Markgrafendamm der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft, Reichsbahndirektion Berlin. EB. 7 (1931),
S. 281
- Bahnhofsplan von 1946; s.a.: Bock, Hans: Entstehung und Schicksal der Eisenbahn in Berlin (1838-1961).- in: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte. Bd. 11, Augsburg, 1979, S. 24
- Verzeichnis der Maschinenämter, Bahnbetriebswerke, Bahnbetriebswagenwerke, Lokomotivbahnhöfe, Bahnhofsschlosserein und Hilfszüge vom
1. April 1943.
- Schadensmeldung zum Angriff auf Berlin vom 26.2.45. V17/20. Slg. Winkler
- Kohl, Wolfgang: Güterkraftverkehr in der DDR. Berlin. 2001, S. 144
- [www.luise-berlin.de]
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- die Seite für den Statistiker -
letzte Änderung: 09.01.2024