Die Fernostreise des "Nostalgie-Istanbul-Orient-Express" im September 1988 - Die Zeitungsausschnitte - |
Auf dieser Seite sind zwei zeitgenössische Artikel aus der Presse der DDR - ein Artikel wurde von mir verfasst - zu der Fernostreise des "Nostalgie-Istanbul-Orient-Express" zu finden. |
Artikel aus der Berliner Zeitung vom 09. September 1988: |
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Die 16 stahlblauen Luxus-Waggons, von zwei Dampfloks gezogen auf dem Bahnsteig C in Lichtenberg. Auch der Zugführer ist "historisch" Fotos: BZ-Olm |
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Zwischenaufenthalt auf dem Weg nach Tokio Der "Orient-Express" machte Station in Lichtenberg Gestern Abend, 18.08 Uhr, Bahnhof Berlin-Lichtenberg: auf Bahnsteig C hat Einfahrt der "Orient-Express", der hier einen Zwischenaufenthalt auf seiner 20-tägigen Reise Paris - Tokio einlegte. Viele Eisenbahnliebhaber hatte er natürlich angelockt, jener legendenumwobene "Zug der Züge", der auf seiner langen Fahrt gestern zweimal Station in unserer Republik machte. Zunächst am Vormittag in Potsdam und am Abend in Lichtenberg. Eine Stunde nach Mitternacht setzten sich die nostalgisch-luxurios ausgestatteten Schlaf-, Speise- und Salonwagen wieder in Bewegung. Vor rund 100 Jahren fuhr der Orient-Express das erste Mal die Strecke Paris - Konstantinopel (heute Istanbul). Georges Nagelmacher, ein belgischer Unternehmer, hatte 1876 in Liege die "Compagnie Internationale des Wagon Lits" (CIWL - Internationale Schlafwagengesellschaft) gegründet und in der Folgezeit mehrere rollende Luxushotels - darunter jenen "Express d` Orient" - auf Tour durch Europa geschickt. Stammkunden dieser Zuges waren hauptsächlich Fürsten, Lebemänner und Finanzmagnaten. Kein Wunder, musste man doch für eine Fahrt im Luxus-Express das Vierfache des üblichen Preises hinblättern. Aber auch Diebe, Agenten und andere zwielichtige Personen fühlten sich von dem Zug magisch angezogen, was die Phantasie zahlloser Kriminalschriftsteller zusätzlich inspirierte. So nimmt es auch nicht wunder, dass der wohl populärste Passagier dieses Zuges nur eine literarische Gestalt ist - der belgische Privatdetektiv Hercule Poirot, der im Sinne seiner Erfinderin Agatha Christie einen "Mord im Orient-Express" aufklärte. 1977 wurden die lange Jahre auf toten Gleisen in Italien stehenden Waggons von einem Schweizer Unternehmer und einer britischen Reederei gekauft, entmottet und aufgemöbelt. Seitdem verkehrt der Zug der Züge wieder - als Nostalgieerlebnis für gutbetuchte Snobs und Eisenbahnfans mit prall gefüllter Geldtasche, die dank mehrstelliger Ticketpreise im "Orient-Express" weiter unter sich bleiben werden. Andreas Förster |
Artikel aus der Wochenpost vom 14. September 1988
Ein Grosses Ereignis
Im Sommer des Jahres wurden wir durch einen Artikel in der Wochenpost darauf aufmerksam, das im September diesen Jahres der historische "Nostalgie-Istanbul-Orient-Express" auf eine grosse Reise in den Fernen Osten gehen soll. Da uns als Eisenbahnfans diese Fahrt interessierte, versuchten wir in Erfahrung zu bringen, über welche Strecken der Zug fährt. Anfang September erfuhren wir dann, das der Zug über Berlin fährt. Desweiteren erfuhren wir bei dieser Gelegenheit auch den genauen Fahrttermin. So machten wir uns am 07. September auf die Fahrt nach Magdeburg, wo wir den Zug am 08. September bei dichtestem Nebel das erste Mal sichteten. Die zweite Sichtung war dann bei Kemnitz in der Nähe von Werder. In Potsdam stiegen die Reisenden des Zuges aus und erlebten eine Stadtbesichtigung. Der Zug fuhr leer über Michendorf und Wildpark nach Satzkorn, wo er abgestellt wurde. Die beiden Lok des Zuges, die 01 2137 aus Dresden und 01 1531 aus Saalfeld/Saale fuhren in das Bw Wustermark zur Restaurierung. Am Nachmittag fuhren die Reisenden mit dem Zug dann weiter nach Berlin. In Berlin wurden die Reisenden zum "Grand Hotel" gefahren, in dem es ein Abendessen gab. Nach Mitternacht setzte der Zug seine Reise in Richtung Fernost fort. Einiges zum Zug für Interessenten: die Fahrtroute - Zürich - Paris - Aachen - Helmstedt - Marienborn - Potsdam-Hbf - Berlin-Lichtenberg - Frankfurt/Oder - Kunowice - Poznan - Warschau - Brest - Minsk - Moskau - Nowosibirsk - Irkutsk - Ulan-Bator - Peking - Kowloon (Hongkong) - per Schiff weiter nach Hiroshima - Sapporo - Tokio - Kobe - und per Schiff zurück nach Antwerpen. Der Zug bestand aus 16 Wagen - davon 2 Versorgungswagen, 9 Schlafwagen, 1 Speisewagen, 2 Salonwagen, 1 Barwagen und 1 Servicewagen mit Duschen. Die Zuglänge betrug 370 Meter, Zuggewicht 880 Tonnen, 270 Plätze insgesamt, der Zug war mit 58 Riesenden und 50 Mann Personal besetzt, für die Wagen des Zuges gibt es 4 Sätze Drehgestelle, wobei es sich um umgebaute Schwanenhalsdrehgestelle für 1435 mm, 1524 mm, 1600 mm und 1067 mm Spurweite handelt, die Drehgestelle werden dem Zug vorausgeschickt. Gerd Böhmer |
letzte Änderung: 06.02.2015